16 Mai 2007

Ein Tag voller Süsse

Das ist die Beschreibung eines Tages, der mir mehr innere Ruhe schenkte, als alles andere. Eigentlich ist nichts passiert und doch hat er einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen.
Viel Spaß !

Tag voller Süße


Es war ein einfacher Morgen. Kein besonderer Morgen, der eigentlich eine Erwähnung verdient hätte. Und doch bemerkte ich, als ich aufstand, eine besondere Stimmung, die in der Luft lag.
Ein wenig eisig war die Luft und ein leichter, weißer Schleier überzog noch die Welt, die langsam von der Sonne wach gekitzelt wurde. Erwachend und sinnend schien alles auf die erlösenden und warmen Sonnenstrahlen zu warten, die der rotorange Ball am Horizont aussenden würde.
Die Katze durchstreifte hungrig nach durchwachter Nacht das Haus. Auf der Suche nach dem vollen Futternapf und einem ruhigen Plätzchen, an dem sie ausruhen konnte.
Es war ein etwas älterer Kater und die durchwachten Nächte verlangten nach Ruhe am Tag. Ein rotes Samtkissen hatte er bezogen und es sich majestätisch darauf bequem gemacht. Direkt in meinem Arbeitszimmer. Es lag auf dem Boden, groß wie ein Kopfkissen und mit Samt in einem dunklen, satten Weinrot bedeckt. Dorthin verzog sich der Kater, gähnte mich noch einmal müde an, rollte sich vornehm zu einem Katzenkringel ein, der genau mittig auf dem Kissen lag und schnurrte sich leise in den Schlaf. Er schlief bewegungslos und nur am sanften Heben und Senken seiner Flanke konnte man erkennen, dass er echt war und kein Stofftier.

Wir aalten uns beide in den ersten Sonnenstrahlen des Tages. Ich saß auf meinem Lieblingsstuhl als die ersten Sonnestrahlen durch das Fenster auf meine Nase schienen. Ein Gefühl beschlich mich, ja, der Frühling war im Anmarsch. Der besondere Duft als ich die Zeitung ins Haus holte, hatte mir verraten, dass bereits alles Grüne darauf wartete, endlich aus den graubraunen Überresten des letzten Jahres hervor zu sprießen.
Bei einer Tasse heißem, dampfenden Kaffees saß ich da und schrieb. Versonnen und in mich gekehrt saß ich da und begann zu schreiben. Bannte meine Gedanken auf die Festplatte meines Notebooks. Ruhig und gleichmäßig tippte ich meinen Kopf frei. Entlasten, die Gedanken aus dem Kopf auf das Papier bringen und sinnvoll aneinander gereiht zu Sätzen formen. Menschen berühren. Und es gelang mir zwei Stunden, da zu sitzen, ganz ruhig und konzentriert zu schreiben.

Der Tag neigte sich zur Mitte und es wurde langsam Zeit für eine kleine Mahlzeit. Auch der Kater war wieder erwacht. Genüsslich räkelte er sich auf seinem Kissen, genoss die Ruhe und versank in einer stillen Meditation, als er seine Pfote zu putzen begann.
Schließlich erhob er sich, fast hastig machte er einen Buckel und ging in die Küche, dort wo seine Näpfe stehen. Hungrig stürzte er sich auf das Futter, das ich ihm servierte und auch ich genoss ein warmes Essen. Ich hatte nicht bemerkt, wie hungrig ich während meiner Arbeit geworden war und erfreute mich an der Mahlzeit. Genoss den stillen Augenblick, der mich ganz einfing.
Die feinen Düfte des Essens durchzogen meine Nase, gemischt mit dem Aroma des frisch gebrühten Kaffees, der gerade durch den Filter tropfte und dem Jasmin, der in meinem Wohnzimmer an einem sonnigen Plätzchen stand und erblühte. Würzig, fruchtig und sinnlich waren die Düfte, die sich durch mein Haus zogen. Und es war, als liefe die Zeit nicht mehr normal, sondern in Zeitlupe. Alles schien genau an diesem sonnigen Mittag, der eigentlich ein ganz normaler Mittag zu sein schien, stillzustehen. Es war, als würden Sekunden zu Minuten und Minuten zu Stunden. Alles wurde langsam. So langsam, dass man sich umsehen konnte. Es war, als würde die Zeit eine Pause machen. Einfach so, weil es genau der richtige Tag zu sein schien, um kurz tief zu atmen.

Es war einfach und doch vollkommen. Kleine Staubkörnchen tanzten vergnügt im Sonnenlicht, erste grüne Triebe schienen sich kraftstrotzend den Weg ins Licht bahnen zu wollen und ein laues Lüftchen bewegte die noch kahlen Äste sanft und stimmte alles Leben auf die neue Jahreszeit ein. Es passierte eigentlich nichts und doch gleichzeitig soviel.

Mich zog es nach draußen, ich wollte die Welt umarmen. Ein Sog, ein stilles, aber eindringliches Locken rief mich in den Garten. Als ich die Terrassentüre öffnete und auf die sonnige Terrasse ging, fing mich die Wärme ein. Umfing mich zärtlich mit einem sanften Wind, der nach erwachenden Pflanzen roch.
Tief atmend stand ich da und nahm alles in mich auf. Einem Schwamm gleich, saugte ich die Düfte des Frühlings ein und erfreute mich an der Helligkeit, der Wärme und an den ersten Knospen, die sich frech in den Himmel reckten. Kleine Narzissen, lilafarbene Krokusse, erste spitze Blätter von Tulpen und anderen Frühlingsboten. Ein kleiner Strauch stand bereits in der ersten Blüte. Rosé und Pinkfarbene Blüten zierten seine kahlen Äste, an denen noch kein einziges Blatt wuchs. Aber, es schien, als wolle dieser eine kleine Strauch den Frühling auf seine ganz besondere Art anlocken. Ihn rufen und ihm zeigen, was er hervorrufen konnte. Kleine Pink-rosa Blüten mit einem feinen Duft. Die Rosen fingen an, erste kleine Knospen zu bilden und in die neue Zeit zu schicken und der Lavendel musste beschnitten werden.

Ich fing an, ein wenig zu arbeiten. Mitten im Beet begann ich, die Büsche zu beschneiden. Roch das vergangene Jahr. Den letzten Sommer. Katzenminze, ausgedörrt und einen Winter alt, verströmte noch ihr minzig-blühendes Aroma, der Lavendel kitzelte noch meine Nase, als ich die vertrockneten Stiele abschnitt, um den neuen, saftigen und kräftigen Stielen Platz zu machen, damit sie mir im Sommer mit ihren Düften die Nase verführen und meine Sinne betören konnten.
Es war warm, alles fühlte sich leicht an und es schien, als würde die ganze Welt entspannen. Ein Durchatmen nach der lichtlosen, grauen Zeit des Winters. Und genau das war es. Entspannt schnitt ich meine Stauden, während der Kater imaginären Mäusen nach jagte und sich scheinbar fröhlich grinsend auf dem alten Gras wälzte.

Eine Tasse Kräutertee, ein Keks und einmal Durchatmen, sich wärmen lassen und die bereits fertigen Beete betrachten. Noch eine letzte Pause, ein letzter Blick. Frisch lag meine Welt vor mir und schien nur darauf zu warten, endlich mit dem Wachstum beginnen zu können. Und als ich mich danach noch einmal an meine Arbeit machte, war es, als hätte der Tag Energie pur versprüht und mich reichlich damit beschenkt. Ich war eins geworden mit dem Takt, den die Zeit mir vorgab und eins mit den Kräften, die durch die Luft schwangen wie kleine Wolken.

Es war, als hätte ich mit der Gartenarbeit die Erdung bekommen, die ich brauchte, um das geduldig fertig zu stellen, was ich die letzten Tage nicht fertig stellen konnte. Es schien, als hätte ich neben Energie auch Geduld aufgetankt und alles ging mir schnell und flüssig von der Hand. Ich war glücklich, entspannt und produktiv. Was braucht man mehr? Was gibt es mehr, als einen solchen Tag als Geschenk? Erdung im wahrsten Sinne des Wortes. Kontakt zur Erde, auf beiden Beinen darauf stehen und zu fühlen, zu begreifen, dass sie wieder erwachte und ihre Bewohner zu neuen Taten inspirierte. Motivierte, ihre schönsten Seiten zu zeigen.
Als ich am Abend müde, aber, glücklich im Bett lag, sinnierte ich dem Tag nach. Auf meinem Tisch stand eine Vase mit Zweigen aller Sträucher aus meinem Garten, in meinen Beeten und in mir hatte ich jede Menge Frühling.
Es war ein arbeitsreicher Tag gewesen, aber, ein Erfüllter. Denn, es sind die einfachsten Dinge wie Sonnenschein, eine zufriedene Katze, ein schönes Essen und ein frühlingsbereiter Garten oder auch eine erledigte Arbeit, die glücklich machen können.
Ich war entspannt, erfüllt und sehr zufrieden. Und ich habe wieder einmal erfahren, dass es kein Shoppingbummel sein muss, kein Karriereerfolg und auch kein Supererlebnis nötig sind, um einfach glücklich zu sein. Um einfach zu sein. Zu Fühlen und zur Ruhe zu kommen. Aufzutanken und zu sehen, dass es nicht viel mehr als ein bißchen Sonne, Zeit und Erdung braucht, um sich grandios zu fühlen.
Deshalb, haben sie heute die Welt schon genauer betrachtet und nach den ganz einfachen Dingen geschaut?