24 Juli 2007

Roger Cicero - 12 Points....

Sonntag, 22. Juli, Jazz an der Donau in Straubing.
Haupt - Act des Tages :
Roger Cicero und seine Big Band.

Nicht, dass ich noch nie ein Konzert besucht hätte. Im Gegenteil. Einen Künstler aber zum zweiten Mal zu sehen, das war ein Novum. Ich erschien mit dem Mann meines Vertrauens auf dem Jazz - Areal in Straubing.
Die Sonne schien, das Publikum war bunt und wir mittendrin. Die Location war ein Bierzelt mit Bestuhlung. Eigentlich mag ich keine Bestuhlung weil mir die Musik gerne in die Beine geht und ich dann mitswingen will. Das war nicht möglich, aber gut. Sitzend warten auf den Star ist nun auch nicht übel.
Bequem in Vintage aus Jeans, Shirt und Army - Parka gehüllt und den typischen Birgit Bauer Stilbruch mit großen, goldenen Ohrringen begehend, harrte ich der Dinge die da kommen würden. Natürlich nicht wenig gespannt auf die Reaktion des mitgereisten Herzblattes, der mit Konzerten oder gar mit Musik ja eher weniger am Hut hat.Roger kam zu spät. Ums gleich zu sagen. Von wegen 20.00 Uhr.
Aber wie heißt es? Je später der Abend, umso schöner die Menschen. Oder so. In diesem Fall hätte es ja vielleicht auch heißen können: Je später der Abend, um so besser der Sänger?
Zuerst kam die Big Band. Der musische Leiter Lutz Krajenski kommt mir immer noch vor wie Fossy Bär. Kräftige Statur, die Haarpracht unter einem Hut verborgen im gepflegten Anzug lachte und grinste er ins Publikum und hatte offensichtlich seinen Spaß.
Er kanns halt und macht seine Sache als Entertainer extrem gut. Der Rest der Band ist auch nicht zu verachten. Wobei mir meine Lieblingssaxophonnisten Stephan Abel und Thomas Zander immer noch am besten gefallen. Sie waren im Amphere in München (dort habe ich RC mit Band schon bewundern dürfen) schon sympathisch.
Die beiden Herren haben sich mit den Fans unterhalten und nachdem ich damals schon ganz vorne in der Nähe von Abel und Zander stand, haben sich die Herren von vorne Links eben in meinem Kopf eingeprägt.
Roger kommt nach einem perfekt gespielten Intro auf die Bühne und sofort bricht Jubel aus. Klar, das ganze Leben ist ein Zoo und an diesem Abend ist er so etwas was Knut der Eisbär für Kids sein könnte. Alle bestaunen und bejubeln den Herrn im gepflegten Anzug und dem stylishen Hütchen auf dem Kopf. Gerne würde ich Rogers Haarpracht einmal bewundern. Ich habe nämlich festgestellt, dass ich bisher noch kein Bild gesehen habe, auf dem er ohne Schiebermütze oder Hut zu sehen war.
Überhaupt, das Styling stimmt. Alle sind nach einem Konzept gekleidet, das extrem gut durchdacht ist. Sogar im Programmheft (ich las das meines Nachbarn mit!) ist Fred Perry ganz groß zu sehen. Für alle, die Fred Perry nicht kennen, das ist eine angesagte Modemarke im Stile der 40er, 50er und 60er. Sie swingt.
Wie die Band um Roger. Roger ist überhaupt ein Mann, dem es wichtig ist, dass man ihn hört. Er beobachtet eine ganze Weile eine Dame im Publikum, die offensichtlich telefoniert. Grinst frech und geht freundlich, aber bestimmt auf sie zu. "Jetzt will ich doch mal sehen, mit wem die Dame da im Publikum dauernd telefoniert!", meint er, schnappt sich das Handy, grinst verschmitzt und meint "Hallo, ich bin’s. Wir spielen hier gerade ein Konzert und ich muss jetzt weiter Musik machen und die Mama, (er hat herausgefunden, dass es die Tochter der Dame war!) muss mir jetzt zuhören!" klappte das Handy zu und nahm es mit, um es erst in der Pause wieder an die Frau zurück zu geben.
Ja, Roger verlangt Aufmerksamkeit und er hat sie verdient. Und für die Frau war es wohl Murphys Gesetz! Oder?
Die Band spielt zwei Sets. Das habe ich gelernt. Als Jazzer spielt man Sets. Und hat sich verbessert. Und man merkt auch, dass Frauen die Welt regieren, denn wir schreien und jubeln und das weibliche Publikum ist entzückt, als der Entertainer sich in die Menge wagt und die Frauen strahlend ansingt.
Klar wollen wir, dass Roger König von Deutschland wird. Oder wir Königin!
In der Pause ist es nett. Sehr nett.Ich erfahre, dass ein Designerfake immer noch zu teuer ist, als dass ich es kaufen würde und dass man als Trägerin wohl keinen Wert mehr drauf legt, authentisch zu sein. Hauptsache das Label ist riesig und strahlend sichtbar. Egal ob es passt oder nicht. Die Röllchen dürfen gut betont im falschen Gürtel grinsen und sich ausbreiten. Wichtig ist nur die Gürtelschnalle mit dem, ja, falschem Emblem, das man mit Abstand schon erkannte.
Zumal die Dame es wohl nicht wirklich gewusst hat, dass sie Gefaktes trägt, denn eine Freundin hat es offensichtlich aufgedeckt. Schön, wenn man solche Freunde hat oder?
Wir sehen die Leute aus der VIP Loge, die am seitlichen Bühnenrand sitzen und eigentlich keine Aufmerksamkeit erhalten, weil Roger zu uns, dem Publikum hin singt, das eben vorne ist und bewundern so manches Kleid, das wohl extra für Roger den Weg aus der Versenkung ans Tageslicht gefunden hat.
Es gibt Herren in Designerlabels, einige Fans mit Schiebermützen und dazu gefakte Designerteile garniert an Klamotten für „Besser“ (enges, graues und vornehmes Etuikleid) die gereicht an schlurfettigen Gesundheitssandalen wirklich ein putziges Bild abgeben.
Knallroter Lippenstift, dick aufgetragen so dass er noch von den Zähnen grinst, ist genauso an der Tagesordnung wie die gepflegte Lady, die wirklich gut aussieht in ihrem Burberry Outfit.
Es ist eine bunte Mischung aus vielen, vielen bunten Smarties, äh, Leuten und ich kann mich gar nicht satt sehen. Selbstbewusste Frauen mit Rundung werden angestarrt, Damen die auf der Suche sind, haben sich extra fein gemacht und stehen mit leuchtenden Augen an der Prosecco – Bar, während gaaaannnnnz coole Männer, die zum Konzert verschleppt wurden, den Macho mit dem Pils in der Hand geben.......und zwar verstehen, was sie sagt, aber nicht was sie meint....jaja....
Dazu haben wir vor uns noch eine Mandel Not - OP zu bestehen, die ein junger Mann an einer jungen Frau vornimmt. Er schien die Mandeln auszusaugen….aber lassen wir das. Es musste ein akuter Fall gewesen sein und mit Klassikern von Klaus Lage, swingend präsentiert von Roger Cicero können Leute in einem so jungen Alter wohl nicht wirklich etwas anfangen.
Überhaupt, wussten sie schon, dass Roger Cicero und Band im Oktober ein neues Album präsentieren? Und wussten sie schon, dass Roger bereits mit Stephan Abel ein Album aufgenommen hat, bevor "Männersachen" kam?
Während wir uns tausend Mal berühren und nichts passiert und Roger endlich mit einer Frau die es auch will, die Sportschau guckt, pirscht er sich charmant durchs Publikum. Die Mandel OP vor uns ist beendet und er singt das junge Fräulein mit "Du willst es doch auch" an und erschreckt das arme Kind. Na ja........
Er findet es schön, dass wir da sind und gibt zu, dass er ein Idiot ist, weil er sie gehen ließ.Sogar einen Song aus dem neuen Album bekommen wir zu hören und haben das Gefühl, dass dieses einen Hauch jazziger und swingiger sein wird als "Männersachen".
Das Konzert geht zu Ende. Am Schluss bekomme ich noch meine Tanzeinlage, denn irgendwann springen sie alle auf und swingen mit. Und als wir den Männern noch befehlen, dass sie die Schuhe ausziehen sollen und aufs Kind aufpassen müssen, singt sogar der Mann meines Vertrauens mit. Dazu muss man sagen, dass das die Bestnote ever ist.
Normalerweise flippe ich lange vor ihm aus und schwinge die Hüften und trample und singe, während er mit verschränkten Armen da steht und lauscht. Dabei macht er ein Gesicht, ganz ernst und gediegen, während die Alte neben ihm sich abzappelt und mitsingt. Ich der ewige Teenie der ausflippt und er der gediegene Coole, der sowas ja ganz Mann von Welt so gut kennt, dass es schier uninteressant scheint..... scheint ! Nicht ist ! Wohlgemerkt !
Dass er also dieses Mal geklatscht hat, mit uns allen sang und sogar noch romantisch wippte, als Roger Cicero um Anna trauert, war ein Novum und die Höchstnote die der Mann meines Vertrauens zu vergeben hat.
Noch einmal hören wir etwas über Berlin und dann geht er. Schade. Hätte gerne noch was improvisieren können, hat der Künstler uns doch gezeigt, dass seine Stimme eine Fülle von Tönen und Farben auf Lager hat, die ich bei meinem ersten Konzert nicht so hörte.
Deshalb wünsche ich mir jetzt, dass Roger Cicero das nächste Mal ein wenig mehr Improvisation zeigt, nicht nur gut gekonntes Programm, sondern ein bisschen mehr von dem, was ihn noch farbiger macht, als er schon ist. Und gerne auch im Polo von Fred Perry, die finde ich nämlich sehr stylish.
Kurz gesagt, geile Sache! Und für was brauchen wir die Welt?
Meine 12 Punkte haben die swingenden Jungs und ich komme wieder wenn in der Nähe ein Konzert sein sollte!
Ach ja, Roger, falls du das lesen solltest, so ein netter Kommentar wäre klasse! (Wer hat das dann schon.....)
Für alle, die noch keine Ahnung von Roger Cicero haben und ihn kennen lernen wollen, die offizielle Homepage ist in diesem Beitrag sogar verlinkt.
Und falls ich es noch schaffe, die geschossenen Bilder heller zu kriegen, kriegt der geneigte Fan sie hier auch noch nachgereicht!

Dieser Beitrag ist Bettina gewidmet, einer der besten Freundinnen, die man haben kann!