10 Juni 2011

Die etwas andere Nachlese - Ein Poetry Slam und mein Ausflug mit Fräulein Gänseblümchen!


Das, was Sie jetzt lesen, ist eine etwas andere Nachlese. Ich war bei einer Veranstaltung, einem Poetry Slam, der sich des Grases, der Wiesen annahm. 
Grund für einen eben anderen Rückblick, der, wie die Beiträge des Poetry Slams selbst, einen anderem Tonfall folgt. Ein wenig romantisch, etwas neben der Spur vielleicht und nicht immer in dem Ton, den Sie gewohnt sind, aber dafür bin ich ja Autorin und darf mich auch mal austoben. Ein wenig zumindest! Mir ist klar, dass nicht jemand ein Gänseblümchen zum Freund hat oder sich damit befassen möchte und vielleicht ist Ihnen mein Bericht zu bunt? Keine Ahnung, ich fand den Ton angemessen und warum nicht einfach mal etwas lesen, was anders ist? 
Viel Spaß!
Sie kennen die kleine Zarte bestimmt!
Darf ich vorstellen: Fräulein Gänseblümchen
Die Kleine ist ein sanftmütiges Wesen. Sie ziert so manchen bunten Wiesenstrauß, schenkt Kindern, besonders Mädchen ein Leuchten, wenn sie sich als Haarkranz zart auf die Haare legt.
Gänseblümchen ist ein interessiertes kleines Gewächs, das sich gerne in neue Gefilde traut und dort seine weißen Blütenblätter neugierig in die Luft steckt. Sie mag Wiesen und wächst oft in Familienbanden.

Neulich machten Gänseblümchen und ich einen Ausflug. Wir trafen uns mit vielen Wiesenkollegen und Verwandte von Gänseblümchen. Während ich mich in die zweite Reihe setzen durfte und als Zaungast betitelt wurde, blieben die Halme und Blümchen in der ersten Reihe.
Unser Ziel war Bad Gögging, genauer gesagt, die Auenwiese.
Die Sonne ging langsam unter und färbte den Himmel in ein flammendes Orange, bevor sich die Dämmerung samten über die Landschaft legte.

Die Wiese war das Theater in dem bei einem Poetry Slam den Halmen und Gräsern mit ihren blumigen Begleitern gleich schmeichelnde Worte, gebrüllte Phrasen, lyrische Texte und ganze Satzketten um die Wurzeln gelegt werden sollten. Eine perfekte Kulisse für die Veranstaltung.
Ein Theater der etwas anderen Art, das auch auf den eigentlichen Zweck des Projektes, die Erhaltung und Sicherung von Trocken- und Halbtrockenrasen entlang der Donau von Neustadt an der Donau über die „Weltenburger Enge“ bis Bad Abbach, aufmerksam machen sollte. Und, dass kann man vorweg nehmen, dieser Abend schaffte das auch. Selbst wenn ein Slam eher ein Novum in der Gegend war und sich seine Fangemeinde erst schaffen muss.
Denn ein so genannter Poetry Slam ist eine besondere Sache, er verlangt Aufmerksamkeit, Konzentration, Flexibilität und nicht zuletzt eine Menge Kreativität.

Ein Poetry Slam ist ein Dichterwettbewerb, bei dem selbst verfasste Texte zu einem bestimmten Thema in einer bestimmten Zeit vorgetragen werden. 1986 in Chicago entwickelt hat der Slam, (engl. Zuschlagen, zu knallen) mit seiner Poetry (engl. Dichtung) einen Siegeszug um die Welt angetreten. Slamt man selbst, ist man hoch inspiriert und kann sich so vom Publikum zu weiteren Höhenflügen in Sachen Wort anregen lassen. Als Autor oder Autorin ist es so möglich, die eigenen Texte zu hinterfragen oder andere dichterische Wege zu beschreiten.
Das Publikum kürt den Gewinner. Es ist zum Mitfiebern aufgerufen, zum Zuhören aufgefordert. Ein Slammer, so nennt man den Teilnehmer, der seinen Text vorträgt, braucht Aufmerksamkeit, denn, man kann viel Wortgut in ein Stück Geschriebenes verpacken, Gedanken sammeln und umsetzen. In diesem Fall zum Thema „Gras“, das an sich sehr vielfältig ist.

Das Spannende an diesem Abend war, dass es der weltweit erste Gras Poetry Slam war und somit eine Premiere auf ganzer Linie darstellte.
Thomas May, Künstler
Mitten auf der Wiese, in einer kleinen Wolke von Mücken und sanft eingehüllt in die Nacht versanken wir Menschen für einen Moment zur Gemeinschaft, die sich interessiert dem Projekt „12 Millionen Grashalme“, ein Kunstprojekt geleitet vom Künstler Thomas May, widmete.
Vier Autoren waren angetreten, um den Grashalm des Abends zu gewinnen. Dazwischen ein Moderator, der zweifacher fränkischer Poetry Slam Meister ist und sich in den Kopf gesetzt hat, einen Grasroman zu schreiben.
Michael Jakob heißt der Mann und er forderte das Publikum auf, sich Genres zu wünschen. Immer, wenn ein Vortrag lief, schrieb er einen sogenannten Teaser, einen ersten Absatz.

Während Felix Kaden eine flammende Rede hielt und lautstark die Freilassung des Grases forderte, verfasste Michael Jakob den Anfang für einen Fantasyroman. Die Halme jubelten und freuten sich, als nach dem Wiesenrambo mit Drang für die Freiheit der Detektiv Sherlock Halmes dem Sensenmann begegnete, der einen Mord an einem Halm begangen hatte und geflüchtet war …

Bernhard Uhrmann erzählte seinem kleinen Begleiter, von Gänseblümchen und ihren Freunden in der 1. Reihe als Star bejubelt, von Schafen, Schwertgräsern und der Gefahr, wenn ein Gras sich zur Wehr setzt, und brachte die versammelte Grasgemeinde zum Schmunzeln und Seufzen, während Michael Jakob davon berichtete, dass eine gewisse Halmine dem Wergras verfiel und den Grasvampir ein Schnippchen schlug …

Loony Lorna hingegen lging auf Tuchfühlung mit den Halmen und legte sich zu ihnen, während sie auf Englisch  für die angereisten Gräser philosophierte, die aus anderen Regionen angeflogen waren, was weiteren Applaus nach sich zog und Michael Jakob den Ansatz in einer Kindergeschichte suchen ließ …

Dazwischen Susanne Rudloff, die ein Graskleid trug und einem Stadtgarten, in den sie ihren Kopf steckte, gräserne Lyrik vortrug, die von Liebe, Einsamkeit und anderen Gefühlen nur so strotzten. Wortspiele, die anfänglich einer Aneinanderreihung von Pflanzennamen ähnelten, um am Ende die Herzen zu berühren oder nachdenklich zu machen. 
Dann wagte der Slammer Martin Geier einen Blick in seine Zukunft auf einer Wiese kurz vor dem Ende. Ein wenig morbid vielleicht, traurig und ein wenig frustriert hörte er sich an und erntete vielfaches Seufzen von den Zuschauern aus der 1. Reihe.

Es folgte die Abstimmung. Jeder, das muss man betonen, denn es war wirklich jeder gemeint. Jeder Zaungast, sprich Mensch und jeder Grashalm, hatte eine Stimme und Thomas May vom GrasInstitut, der das Projekt für die 12 Millionen Grashalme mit betreut, hörte zu.

Der Sieger: Felix Kaden, der gräserner Revolutionsanzettler der mit rotem Bauhelm zur Revolution aufforderte und sich für die Halme einsetzte."Gebt das Gras frei!", forderte der Gewinner lautstark und paarte Lautstärke mit Wortwitz und spannenden Formulierungen, die einige Lacher einheimsten.

Ein bunter Abend, und während ich mich auf den Weg nach Hause machte und mich für den Sieger freute, über das Erlebte nachdachte und mich freute, endlich einen Poetry Slam quasi vor der eigenen Haustüre mitgemacht zu haben, blieb Gänseblümchen. Sie wollte bei ihren Freunden bleiben und ich konnte das verstehen.

Gruppenbild: Slammer mit Moderator!
Sie hegt Berufspläne. Wenn man den ersten Gras Poetry Slam mitgemacht hat, so das Gänseblümchen zum Abschied, sollte man das fortsetzen. „Ein wenig Text kann es doch nicht gewesen sein oder?“, sagte sie und zückte ihren Grasfüller und lieh sich vom Kollegen Sauerampfer ein Blatt, um sofort loszutexten …

Übrigens, das Projekt läuft noch!

Das Programm können Sie hier einsehen: Flyer zum Download
   

Herzliche Grüße
Birgit Bauer 

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