06 Dezember 2011

Die Adventsreise 2011! 06.12.2011

Nikolausi!!!!

Heute ist Nikolaus und der zieht wiederum mit dem fiesen Krampus um die Häuser. Sagt man. Kindern und überhaupt.

Wie ich es seit meiner Kindheit mit dem Krampus halte, das gibts heute zu lesen!

„Wenn du nicht brav bist, dann sag ich das dem Nikolaus und der schickt dir den Krampus ins Haus!“
Immer diese Drohung. Sie kam jedes Jahr. Einen Tag vor dem Nikolaustag. Und ich war immer noch da.
Genervt schlurfte ich in mein Zimmer. Der erste Schnee war gefallen und es war eine stille Nacht, wie sie im Buche steht. Ich lag im Bett und dachte über den 6. Dezember nach. Eigentlich freute ich mich jedes Jahr darauf, denn der heilige Mann war ein Vorbote des Christkindes und verkürzte die Wartezeit auf den 24. Dezember. 

Dass das Christkind lebte, war meine feste Überzeugung. In meinem dicken Weihnachtsbuch war ein Bild und für mich war diese Sache völlig logisch. Wie sonst sollten die ganzen Geschenke, die ich per Wunschzettel schon vor Wochen ans Christkind gesandt hatte, ins Haus kommen?

Beim Nikolaus war das anders. Ob ich diesem alten Herrn doch glauben sollte?
Ich war äußerst lebendig und kreativ und ständig in Bewegung. Manchmal tappte ich verträumt durch das Leben nur um wenig später meine Familie mit dem zu überraschen, was ich entdeckt hatte. Meine Neugierde auf die Welt war groß und blicke ich heute zurück, muss ich feststellen, dass ich von Zeit zu Zeit wohl ein ziemlich anstrengendes Kind gewesen sein muss. 

Ich grübelte, ob der heilige Mann und sein polternder Begleiter, der Krampus, der alle unartigen Kinder angeblich mitnahm, mich nun auch mitnehmen würden. Vor allem, wohin?
Am nächsten Morgen war ich keinen Schritt weiter. Der Tag verging und am Nachmittag ging ich wieder hinaus in den Schnee, doch diesmal war ich pünktlich zurück. Ich hatte doch ein wenig Angst vor dem Jutesack des Krampus. 

Jedoch nagte der Zweifel in mir. Im Kindergarten hatte ich meiner Freundin von der Drohung meiner Mutter erzählt und ein „Was willst du? Der Nikolaus ist bei uns immer ein Student oder mein Onkel. Mein großer Bruder hat mir das erzählt und der muss das wissen, der ist schon 14!“ 

War das mit dem Nikolaus wirklich nur eine Geschichte, die man Kindern erzählte, um ihnen ein wenig Respekt einzuflößen?
Es wurde langsam dunkel, die Dämmerung schlich übers Land, die Kerze auf dem Adventskranz brannte, es war gemütlich in der Bauernstube meiner Eltern.
Plätzchen dufteten nach Zimt und Vanille, Tannenzweige verströmten ihr Aroma und aus dem Radio klangen, wie jeden Abend im Advent, Zithermusik und Weihnachtslieder. 

Es war friedlich, bis auf meine Mutter, die hektisch immer wieder aus dem Zimmer ging. Sie wirkte nervös. „Mama, was ist los?“ „Lass mich in Ruhe, räum auf und dann geht’s ins Bett!“
Ich wunderte mich. Kein Nikolaus? Doch ein wenig erleichtert begann ich, meine Spielsachen aufzuräumen. 

Als ich gerade einen letzten Stift in seine Schachtel legte, rasselte es bedrohlich an der Türe. Ich schreckte hoch, mein Herz schlug bis zum Hals und ich verkroch mich in die hinterste Ecke der Eckbank, bewaffnete mich mit meiner Plastikschere und meinem Klebestift und merkte nicht, dass mein Vater hinter seiner Zeitung leise schmunzelte. Etwas, das er mir erst später erzählte, wobei er zugab, dass ihm dieses Schmunzeln wenige Momente später verging. 

„Hoho, wo ist das Künde?“ Eine dumpfe Stimme grölte durch die Wohnung. Dann stand er: Krampus. Ohne Nikolaus. Ich schluckte. Wenn der allein kam, war das kein gutes Zeichen.
Ich betrachtete verstohlen den gruseligen Herrn. 
„Oh du freches Früchtchen!“, dröhnte er mit einem schwarz verschmierten Gesicht und deutete mit seiner Rute wild auf mich. 
„Ich?“, fragte ich zögernd und kam aus meiner Ecke und überlegte, woher ich diese Stimme kannte. Wenn das, was mir meine Freundin gesagt hatte, stimmte, würde ich doch den Herrn vor mir wiedererkennen. Oder?
Der komische Nikolaus trug dicke Gummistiefel, seine Hose sah nach einer Jeans aus. Die Handschuhe waren solche, die mein Vater immer benutzte und der Hut gehörte eindeutig meinem Onkel Elmar, er hatte einen Riss in der Krempe. 
Die Jacke beeindruckte mich besonders. Sie war irgendwie dem ähnlich, was meine Mutter im Winter immer trug. Ihre Pelzjacke. 
Aber wo war der Pelz? Diese Jacke schillerte und nur wenig Pelz schaute an den Rändern hervor.
Der Sack? Den erkannte ich. Es war unser Kartoffelsack, er hatte einen roten Farbklecks am Rand. Er hatte meinem Vater einmal als Unterlage gedient, als er sein Auto mit rotem Lackstift ausgebessert hatte. 

Der Mann zückte ein Notizbuch. Es war ein Kalender von der Raiffeisenkasse. Meine Mutter hatte den auch. Brachte der Krampus sein Sparschwein am Weltspartag auch zur Raiffeisenkasse, wenn Sumsi die Sparbiene im Schalter saß?

Ich ließ die Strafpredigt über mich ergehen, sagte mein Gedicht für den Nikolaus auf und versprach, ein braves Kind zu sein.
Dann bekam ich, wie jedes Jahr meinen Sack. Rot, mit goldenem Band und einem Flicken auf der rechten Seite, der ein Loch verdeckte, das eine Kerze vor zwei Jahren hineingeschmort hatte.
„Auf Wüdersehen du Rotznase“, dröhnte der Krampus, drohte mit der Rute, rasselte mit einer alten Kette und ging. 

Minuten später dachte ich angestrengt darüber nach, woher ich diesen Krampus, der ja angeblich vom Himmel kam, kannte. 
Als ich etwas aus meinem Zimmer holen wollte, um es meinem Vater zu zeigen, musste ich an der Garderobe vorbei, wo mir ein glänzender Stoff ins Auge fiel. Ich ging vorsichtig näher. 
Sekunden später durchfuhr es mich: Es war die Jacke vom Krampus!
Neugierig zupfte ich an dem Stück und roch daran. Das Aroma des blumigen Duftes meiner Mutter stieg mir in die Nase. Schlug man die Jacke auf, war sie eindeutig ihre Jacke.
Dann war mir alles klar. Dieser Krampus war nicht echt.
Zurück im Zimmer meinte meine Mutter: „Na der Krampus war aber ganz schön streng mit dir was? Fast hätte er dich mitgenommen!“
Ich grinste, denn ich war mir sicher: „Na ja, der Onkel Elmar kann mich ja mitnehmen! Im nächsten Jahr!“

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