02 Februar 2009

Es menschelt...

In der letzten Woche war es menschlich. Man könnte auch sagen, es hat an allen Ecken und Enden gemenschelt. Doch irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass der ein oder andere doch ein wenig Probleme mit dem Gemenschel da draußen hat.
Menscheln, also menschlich sein, heißt für mich, bunt zu sein, vielfältig und vielschichtig. Es ist das Gefühl von Herzenswärme, das uns das Leben angenehmer macht. Unterstrichen vom respektvollen Umgang miteinander und von Aufgeschlossenheit füreinander. Es geht darum, anderen offen und wohlwollend gegenüberzustehen und Wünschen oder Anliegen ein wenig Aufmerksamkeit zu schenken. Und das sollte selbstverständlich sein. Dann menschelt es.
Zum einen war da das wunderbar warme Gefühl, sich wohlfühlen zu dürfen und zum anderen fragte ich mich mehrfach, ob unsere Gemeinschaft gerade dabei ist, zum Entwicklungsland in Sachen „Menscheln“ und „Herzenswärme“ zu werden.

Ich hatte zeitweise den Eindruck, dass Geradlinigkeit, sowie die Vertretung der ureigenen und individuellen Interessen wichtiger ist als ein Blick in die Runde und deren Bedürfnisse oder Notwendigkeiten. Es scheint, als würden diese Dinge unser Land langsam zum Entwicklungsland in Sachen „Menscheln“ werden lassen. Eigene Bedürfnisse, Wünsche und Gedanken müssen erfüllt werden. Nur der eigene Weg ist wichtig. Links und rechts bleiben außen vor.

Ist das richtig? Wenn Menschen kein Miteinander und keine Verständigung untereinander mehr pflegen, sondern straight und ganz auf sich bezogen auf Meinungen beharren und den Blick über den Tellerrand komplett vergessen, dann wird es schwierig. Der Dialog verkümmert. Die Herzenswärme kühlt ab. Ist sachliche Argumentation immer wichtiger als auf das zu hören, was zwischen den menschlichen Zeilen steht? Oder wäre es nicht einfacher etwas zu erreichen, wenn man vom Beharren, zum kurzen Verharren und dann zur Rückkehr zum offenen Dialog schwenken würde?

Woran liegt es, dass viele Menschen immer steifer werden, immer manifestierter und unflexibler in ihrer Art mit der Welt umzugehen? „Der Blick nach vorne, geradeaus ist es, der uns weiterbringt!“, antwortete ein Mann mir und setzte ohne links oder rechts den Blick schweifen zu lassen, seinen Weg fort. Übrigens, er wundert sich, wieso er nicht von seinen Mitmenschen verstanden wird, geht aber weiter seinen Weg völlig desinteressiert, was andere Menschlichkeiten betrifft.
Wieso lassen wir uns von der Welt und den Vorstellungen der Gesellschaft in rigide Konstrukte schnüren? Wo sind die Lebenskurven? Wo bleibt der Rundumblick?
Kurven sind wie das „Menscheln“. Nie ganz regelkonform schlängeln sie sich durch das Leben. Sie leiten um und manchmal prallen sie aufeinander. Dennoch zeigen sie auf, wie vielfältig das Leben selbst sein kann. Trotzdem scheinen wir das oft zu vergessen. Statt Farbe gibt es Einheitsgrau und Regeln. Statt Leben miteinander gibt es Automatismus für jeden. Separierung anstatt Gemeinsamkeit. Die Frage ist, ob wir das wollen? Oder ob ein wenig „Menscheln“ nicht genau das ist, was wir eigentlich benötigen, um uns weiterzuentwickeln, Neues zu entdecken und gemeinsam etwas zu schaffen.

Wir brauchen Menschlichkeit, Akzeptanz und Toleranz. Gerade in diesen Zeiten. Wenn es draußen kalt wird, sollten wir uns ein Stück Wärme im Herzen bewahren, damit keiner in die Verzweiflung rutscht und die Verständigung untereinander besser und klarer wird. Es geht darum, das Wohlfühlgefühl zu steigern und neue Lösungen und Wege zu finden, den Weg ein Stück gemeinsam zu beschreiten, sich gegenseitig zu helfen.

Und in einer Gesellschaft, die Entwicklung braucht um einen Schritt nach vorne machen zu können, sollte Menschlichkeit nicht zum entwicklungsbedürftigen Thema werden.
Oder?