Es ist tatsächlich so: Ich kann Beides und bin ganz zufrieden damit. Weil ich mich ausdrücken und vernetzen kann und satt kriege ich mich und meine Familie auch.
Während der Woche arbeite ich viel. Derzeit ausschließlich online. Was zur Folge hat, dass ich auch Dinge mitkriege, die ich an und für sich gar nicht mitbekommen möchte. Dinge, die mir weh tun, weil es schlicht falsche Informationen sind, auch die eine oder andere Nabelschau würde ich mir ehrlich gesagt gerne sparen.
Die Folge dieser Flut ist, dass ich mich am Freitag immer total überfrachtet fühle. Ich habe zwar die eine oder andere Strategie, wie ich auch während der Woche nicht allem über den Weg laufen muss, aber dennoch, ein Rest bleibt immer. Und der kann belastend sein. Der beste Grund für Sonntagsbraten oder?
Vor einiger Zeit habe ich daher angefangen, mir bewusst schon am Freitag frei zu nehmen, was der Name dieses Wochentages schon deutlich ansagt. Das klappt nicht immer, aber ab und an gibt es drei Tage Wochenende und das ist auch gut so.
Vor allem Sonntage finde ich wichtig. Sie sind ruhig, laden ein um zu entspannen und nicht zum arbeiten. Und es sind die Tage mit Sonntagsbraten. Den gibt es bei uns traditionell schon immer. Ich bin mit Sonntagsbraten groß geworden und finde es schön. Man nimmt sich Zeit. Für sich, die Familie, aber auch für Lebensmitte. Weil Kochen mehr ist als nur Essen auf den Tisch zu bringen. Es ist Wärme, Vertrauen und Liebe, die geht nämlich durchaus durch den Magen und in Zeiten wie diesen, wurde der Sonntagsbraten ein wichtiger Punkt bei uns. Dazu gehört ein schön gedeckter Tisch und ein schönes Ambiente, Blumen und Kerzen.
Ich stöpsle quasi die Verbindung zur Welt für einen Moment aus, mache Samstags meinen Haushalt und gebe die Hausfrau und Sonntags schnipple ich, brutzle und versinke für eine Weile in Düften, Geschmäckern und Küchengeräuschen. Nichts ist wichtig, ausser Musik, das gute Essen und der Genuss. Ich finde ja, es gibt nichts entspannenderes als das Schnippeln von einem Haufen Gemüse und dem Hacken von Kräutern. Das Glas Kochwein daneben und alles ist einfach nur gut. Mein System fährt runter und ich höre auf, über Social Media nachzudenken. Ich lasse der Welt einfach ihren Lauf und laufe nur mit mir und in meinem Tempo.
Es ist das Ausklinken einer Welt, die nie stillsteht, in der Menschen Stunden auf Clubhouse verbringen und twittern, sich austauschen und das alles mag ich sehr. Es ist mein Job. Und ehrlich, es geht nicht ohne.
Aber es gibt Grenzen. Solche, die helfen, zu leben. So richtig. Denn Leben findet nicht virtuell statt. Es tobt da draußen. Mehr oder weniger im Moment zugegeben, aber es ist da. Auch jetzt.
Dazu kommt, dass ich die Zeit für mich brauche, die Auszeit ist wichtig. Für meine Familie und für mich.
Um zu entspannen, Spaß zu haben, so real betrachtet und auch um meine Balance zu halten. Und unser Zuhause ist nicht auf Clubhouse, es ist real, steht in der echten Welt und hat sozusagen einen separaten Eingang zu unseren virtuellen Welten.
Sozusagen Clubhouse in real life. Es ist ein Leben auf Abstand zur virtuellen Welt und ich kann das nur jedem empfehlen. Diese Welt am Freitag quasi abzuwaschen und nur real zu sein, ohne den Lärm aus verschiedenen Netzwerken beruhigt ungemein und gibt mir auch den Raum, Gedanken frei laufen zu lassen, sie zu verabschieden oder sie zu überdenken. In dieser Zeit sammle ich Ideen, plane unbewusst Projekte während ich Karotten schäle, die Soße verfeinere, Knödelteig knete und den Tisch eindecke. Der Grund, warum ich am Ende immer einen Block und einen Bleistift griffbereit habe. Vergessen wird hier nichts. Genauso wie mein Braten der lustig dem Finale entgegen schmurgelt und die Familie schon deshalb zusammen bringt, weil er so gut duftet und wohlschmeckende Genussmomente verheißt.
Und am Montag, nach dem Braten und dem Genuss, der großen Portion reales Leben ganz ohne online zu sein, gehts zurück in die virtuelle Welt. Weil die eben auch schön ist.
Brutzelnde Grüße zwischen Social Media und Sonntagsbraten
Birgit Bauer
Text: Birgit Bauer
Bilder: