So gesehen, hätten wir gekonnt, hätten sich Stammtische, Kaffeerunden und andere Gesprächsrunden in den Lokalen getroffen und hätten sich gemeinsam aufgeregt.
Selbst bei mir fielen Grenzen und ich äußerte mich auf Twitter, noch freundlich aber deutlich, zur Lage. Etwas, das ich normalerweise vermeide weil das nie zu etwas Gutem führt, aber auch ich konnte nicht umhin, Stellung zu beziehen und meiner Entrüstung freien Lauf zu lassen.
Klar ist, bei uns läuft eine Menge falsch. Ich will auch gar nicht einzeln aufzählen wo die Fehler und Missstände sind, wir kennen sie alle. Und entrüsten uns. Für den Moment hilft das auch aber gesund ist es nicht wirklich, abgesehen davon dass es nicht gut für die Stimmung ist.
Aber manchmal muss man den Müll loswerden stimmt's?
Die Sache ist nur, man darf es nicht übertreiben. Weil dann die Stimmung kippt. Und das ist nicht gut. Für uns alle. Das, was ich gestern beschimpfte, ist heute noch immer da. So bleibt der Status unverändert. Vielleicht weil man mich eben nicht gehört hat, weil meine Stimme im Gemenge so vieler unterging oder weil eben alle es tun und das Getöse so richtig laut wird, dass man das, was da noch sein könnte, überhört oder übersieht. Weil man die Energie, die man für diesen Sturm der Entrüstung auch anders verwenden könnte.Eine Idee ist, diese negative Kraft in Engagement umzuwandeln. Während Engagement etwas bewegt steht Entrüstung irgendwie still. Sie bleibt in einer Spirale stecken. Engagement ist vorwärts orientiert, verändernd und wenn es nur im Kleinen ist. Aber lieber viele kleine positive Dinge in einer anstrengenden Zeit wie dieser als nur ein großer Sturm der Entrüstung.
Engagement tut gut, es bewirkt nicht nur für andere etwas Gutes, auch für einen selbst. Weil man eben auch etwas positives zurück bekommt. Freude, Hoffnung (ein bisschen vielleicht) oder auch nur ein freundliches Gesicht, eine kleine Unterhaltung auf der Strasse oder der Gedanke, dass man sich selbst ja auch gut tut. Man bewegt sich in eine andere, positive Richtung.
Ich war mächtig empört und rutschte aufgrund dieser Empörung, unbeabsichtigt und völlig unbewusst vor einer kurzen Weile in eine Stresssituation, die mir nicht gut tat. Allerdings war da dieser eine Satz, den ich irgendwo aufschnappte und der mich ins Grübeln brachte:
"Wäre es nicht besser, diese schlechte Entrüstungsenergie in Engagement umzuwandeln und etwas für andere zu tun?"
Stimmt schon oder? Engagement hilft aus dieser Negativschleife heraus zu kommen, weil es die Perspektive verändert und die Energie sinnvoller genutzt wird. Es war auch klar, was ich versuchen würde, denn es gibt diese Sache, die mir wirklich stinkt.
Supermärkte verkaufen neuerdings verstärkt Wolle. Das ist sicherlich nett aber schlecht für kleine Wollgeschäfte in Innenstädten, die im Moment nur bedingt öffnen können oder gar schließen müssen, wenn die Richtlinien das sagen. Die bleiben auf den Sortimenten sitzen und saufen gepflegt ab während Supermärkte weiter geöffnet sind. Die ganze Story gibt es hier zum Nachlesen!
Ich dachte darüber nach, wie ich mein hiesiges Wollgeschäft unterstützen kann. Nutzte meine Energie aus der Entrüstung und polte sie um.Das Ergebnis war klar: Supermarktwolle verächtlich missachten, denn ich finde es respektlos Wolle zwischen Gewürzregal und Toilettenreiniger zu platzieren. Ich schrieb einen Blogpost über diese Sache und teilte ihn. Zudem schickte ich meinen Link an diverse Politiker, um auf das Problem aufmerksam zu machen und habe meiner Wollexpertin angeboten, für sie da zu sein, wenn weitere Tipps für ihren Social Media Auftritt nötig sind, denn da hat sie Bedarf und ich kann etwas tun.
Aus der Empörungswolke wurde ein kleines Wölkchen Hoffnung und Freude. Ein positiver Dialog entstand und wir sind alle ein bisschen zusammen gerückt, achten mehr aufeinander und helfen uns gegenseitig. Das ist das, was wir tun können und wenn jeder ein bisschen aktiv wird, hilft das genauso. Sicherlich ist Protest, Empörung und ab und an ein ordentlich lauter Aufschrei notwendig. Keine Frage. Ich mache das schon auch.
Aber wie heißt es so schön: Die Dosis macht das Gift. Und in Zeiten wie diesen müssen wir auch auf uns achten, damit die Empörungsdosis nicht über das Limit geht und uns irgendwie innerlich verätzt.
Wie engagiert Ihr Euch? Und by the way, teilt das gerne, auch das Wollpamphlet, denn für den Erhalt meines Wollgeschäfts setze ich mich auch weiterhin ein.
Engagierte Grüße
Birgit
Bilder: Pixabay.com
Text: Birgit Bauer / Manufaktur für Antworten UG