16 Juni 2015

Auf dem Weg zum Superexperten ... oder das Wildblumenwiesenstreuprinzip in Sachen Einladung!

Täglich erhalte ich eine wirklich große Zahl an Einladungen zu Seminaren, Webinaren, Kursen und kurz gesagt: Bildung.

Bild: pixabay.com
Ich kann in wenigen Stunden Social Media Experte werden, muss nicht mehr um Hilfe schreien, weil unsere Firma auf Facebook ist und gar eine Fanpage hat, ich erfahre wie ich mein Leben entmülle und wie ich mein Unternehmen ganz weit nach oben bringe. Mit PR und Pressemeldungen, versteht sich.
Natürlich lerne ich auch, wie man mit Xing richtig umgeht. Oh, oder die Frage nach diesem Twitter. Was macht man eigentlich damit und was so ein Blog für mich tut, das habe ich in den Augen der Anbieter nie verstanden. Wie auch, ich schreibe und referiere nur drüber und dass ich selbst in dem Gebiet tätig bin, ist völlige Nebensache.

Ich habe also echt Bedarf. Und werde zum Experten und so erfolgreich. Jawohl. Ich muss! Weil ich auch nichts weiß von diesen Dingen. Als Social Media Managerin, die einige erfolgreiche Projekte vorzuweisen hat und Journalistin, die sogar schon für den Ernst-Schneider-Preis nominiert war.

Übrigens: dieser Preis ist einer der renommieresten Preise unter denen, die für Wirtschaftsjournalisten ausgeschrieben werden und im letzten Jahr war ich in den Top 10 und in diesem Jahr bin ich wieder nominiert, aber das nur am Rande. Was spielt das schon für eine Rolle, wo ich doch Experte werden kann. In nur zwei Stunden. Das für solche Artikel natürlich ein gutes Netzwerk eine gewisse Rolle spielt, ist auch nur Nebensache. Und dass ich auf Xing bin, seit es OpenBC war und auf LinkedIn ein ebenso effektives Netzwerk pflege, ist völlig überbewertet. Nur durch die wirklich verschärfte Expertenbildung dieser wunderbaren Angebote kann ich den wahren Kern dieser Dinge erst erkennen.


Und natürlich ist es reine Menschlichkeit gar Wohltäterschaft, mich von diesem Superexpertenwissen partizipieren zu lassen. Schließlich meint man es nur gut mit mir. Ich verstehe das nur nicht. Ganz im Gegenteil, ich bin genervt, wenn ich wieder einmal lese, wie schlecht es um mein Wissen, äh, Berufserfahrung bestellt zu sein scheint. Ich MUSS das doch annehmen. Oder?

Als ich mich letztens zu einer Anwort hinreißen ließ und in meiner schüchternen Art vorsichtig äußerte, dass ich doch wohl nicht zur Zielgruppe gehören würde, bekam ich zwei Antworten. Eine, die zeigte, dass da einer am Werke war, der sich zum ersten Mal eines Einladungstools wie dem von Xing bediente und von der ich die Hoffnung habe, dass sich die Person noch einmal mit dem Wesen einer Einladung und möglicher Zielpersonen befasst. Diese Person meinte, es wäre das erste Mal und man habe einfach mal eingeladen, gelobe aber Besserung. Gut, ob das so sein wird, wir werden sehen.

Die andere Ansage war erbost. Empört kam zurück, dass ich, Frau Renitenz in Person, ja gar nicht um die Bedeutung des Kurses wisse. Dass es meine Auffassungsgabe gar nicht zulassen würde, vor dem Kurs zu entscheiden, dass der Kurs nichts für mich ist. Aha!

Sagen wir es so: Hätte die Person vorher einen Kurs in Sachen "Wie schreibe ich gute Werbetexte"
gemacht und sich in Sachen "Zielgruppenmanagement und Netzwerkorganisation" informiert, hätte mich die Einladung vielleicht sogar angesprochen. Wäre in der Einladung nicht xmal von Synergien, Empathie und anderen fiesen Buzzwords gesprochen worden, hätte ich vielleicht nach dem ersten Satz, der über zwei Zeilen lief, noch weitergelesen und hätte man dann nicht nach dem "Wildblumenwiesenstreuprinzip" die Einladungen wild in der Gegend verstreut sondern mit Hirn verteilt, wäre man sogar bei mir gelandet.

Bild: B. Bauer
Das "Wildblumenwiesenstreuprinzip" lässt das aber nicht zu.
Da wird ohne Struktur oder einen Gedanken dafür zu verschwenden ob die eingeladene Person zur Zielgruppe gebört, ausgeteilt.
Quasi der Samen aus der Tüte wird wild verstreut. Ohne Struktur und ohne Plan. Bei Wildblumenwiesen kein Thema. In Netzwerken aber? Hm!
Und by the way: Über Strategie und Struktur oder Netzwerke spricht man zwar dann in einigen  der angebotenen Kurse, aber anwenden? So selbst?



Wieso auch, wir wissen doch, dass es das gar nicht braucht. Also, das eigene Wissen anwenden und damit auch ein gutes Beispiel abgeben. Voll überbewertet. Es reicht, es zu wissen. Aha. Ich armes, schüchternes Ding habe das nur nie verstanden. Krass oder?

Aber mal ehrlich, was macht so eine Strategie für einen Eindruck? Keinen guten. Zumindest bei mir. Es wirkt weder professionell, noch besonders werbewirksam. Im Gegenteil. Ich fühle mich abgestoßen. Vergrault.
Demjenigen, der da versucht, möglichst viele Teilnehmer zu finden ist es offenbar sch .... egal, wer da kommt. Es geht offensichtlich nur um eines: Kurs vollkriegen, Netzwerk abfrühstücken, Geld einschieben. Fertig.

Von Anspruch an die eigenen gelieferten Inhalte oder dem Vorhaben, Menschen wirklich vernünftige und gute Informationen zu übermitteln, keine Spur. Ist auch egal oder? Offensichtlich genauso wie der Ruf, den man sich mit solchen Aktionen verschafft. Klar, man wird bekannt. Aber wie? Schon mal drüber nachgedacht Ihr Wildblumenwiesenstreuprinzipanwender? Oder ist es Euch egal, dass Euch die schlechte Reputation quasi vorauseilt und jeder nur das Weite sucht, sobald Ihr Euch nähert?

Ja, ich weiß, mit all diesem Gemecker werde ich nie zum Superexperten, ich bin dazu verdammt, in einem kleinen Erdloch zu verweilen und mich zu grämen, weil ich nie diese fabulösen Angebote angenommen habe.
Aber ganz ehrlich? Ich will es auch nicht. Weil ich aus Erfahrung weiß, dass zwei Stunden Social Media Geplapper ein leises Kratzen an der obersten Lackschicht bedeuten, dass eine halbe Stunde über Pressemitteilungen keine vernünftige Ansage hervorbringen und dass der Rest auch nicht besser ist und wenig Sinnhaftes oder gar Neues mit sich bringen. Geht gar nicht, dafür sind die Themen zu komplex.

Deshalb: Hiermit lehne ich dankend alle Angebote,  die mir ohne einen Moment über den Sinn einer Einladung ( Welche Verschwendung ) nachzudenken Einladungen zukommenlassen, auch weiterhin ab. Lieber bleibe ich auf dem Stand meines Wissens und vertraue mich denen an, die professionell mit ihrem Netzwerk umgehen. Denn bei denen weiß ich, dass auch das Angebot stimmt und das, was ich lerne im wahrsten Sinne des Wortes "wertvoll" ist.

Bis zur nächsten Meckerecke!
Birgit



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