28 April 2020

Über den gesunden Menschenverstand, Informationen und geteilte Zombies!

Bäääämmm, es war wieder soweit, der mittlerweile verstummt geglaubte Mythos lebte wieder auf. Letztes Wochenende lief er mir ständig über den Weg und erklärte mir, dass Facebook ab sofort nur noch die Beiträge von 25 Freunden anzeigen würde. In Zukunft. Das sollte man sich an dieser Stelle merken, es kommt nämlich gleich nochmal.

Der Mythos, der vor zwei Jahren schon sein Unwesen trieb und trotz mehrfacher Richtigstellung und Erklärung von unterschiedlichsten Seiten munter geteilt wurde, lebte wieder auf. Irgendein gutgläubiger Mensch hatte ihn gefunden und mit allen Mitteln wieder belebt.

Wie kann es sein, dass dieses böse Netzwerk nur noch die Beiträge von 25 Freunden anzeigt? Unverschämt ist das. Grund genug das mal kräftig zu teilen, unters Facebookvolk zu bringen, auf dass es sich kollektiv erzürnen möge.

Sie wollen wissen, über was ich genau jetzt anfange mich aufzuregen? Bitteschön! Hier entlang, Mimikama sei Dank wird hier aufgeklärt! Hier erfahren Sie schon vorab den Hintergrund der 25 Freunde und des Kettenbriefes. Sie können aber auch gerne weiterlesen. Das freut mich.

Man könnte ja meinen, Informationen über Kettenbriefe holen die Menschen ein. Irgendwann. Weil sie, wie die Kettenbriefe selbst, auch fleißig geteilt werden. Von denen, die sich Gedanken machen, bevor sie etwas teilen. Aber bedauerlicherweise kommen diese Warnungen oft mit ernsten Hinweisen um die Ecke und haben keine Katzen oder Blümchen im Bild, sodass sie offenbar nicht immer so gelesen werden wie sie es verdient hätten. Verstehe ich, Facebook ist doch Spaß. Oder?

Am Wochenende erwachte besagter Kettenbrief wieder zum Leben. Wie ein Zombie waberte er am Freitag schon durch meine Chronik auf Facebook, die mir übrigens mehr Beiträge als die von 25 Freunden anzeigt, und nervte mich gewaltig.

Im richtigen Leben kaufen wir kein Auto, ohne alles bis ins kleinste Detail zu prüfen. Die meisten von uns zumindest. Schließlich geh. Bis ins kleinste Detail. Es soll sogar Menschen geben, die können am Ende den Prospekt und alle technischen Einzelheiten des Gefährts, das sie kaufen möchten, im Schlaf aufsagen. Wenn es darum geht, Preise und Konditionen zu vergleichen, sowieso, da kennen wir uns aus, wir hinterfragen, sind kritisch und prüfen noch einmal bevor wir kaufen.

Geht es aber um Kettenbriefe, dann interessiert das nicht. Ist ja auf Facebook, ich sage nur Spaß und so ... Hauptsache geteilt ist die Sache.

Ob sie richtig ist oder nicht, grammatikalisch betrachtet gruselig daher kommt und Fakten vermittelt, die bei genauer Betrachtung schlicht nicht stimmen können, ist schier egal. Könnte man meinen.

Man folgt der Menge  und verschafft dem Kettenbriefzombie damit fast ungeteilte Aufmerksamkeit. Also, man versucht es, bis man auf Menschen trifft, so wie mich zum Beispiel, die wirklich genervt sind von der uninformierten Art der Teilkultur, die offenbar Menschen dann wie ein Virus zu überfallen scheint und sämtliche kritische Betrachtungsweisen ausschaltet, wenn sie sich auf Facebook einloggen.


Klar könnte ich jetzt sagen, ich scrolle mich durch, was interessiert mich das unsinnige und unbedachte Teilen derer, die sich des Zombies annehmen? Ich könnte es gut sein lassen, was mir wahrscheinlich viel Augenrollen ersparen würde und ich wäre etwas entspannter von Zeit und Zeit. Aber ich finde, dass es nicht so einfach ist. Am Ende geht es um Verantwortung gegenüber den anderen Teilnehmern und die eigene Reputation.

Wenn ich etwas teile, überlege ich mir vor dem Teilen, ob das, was da steht richtig ist. Was sagt mir Mimikama, die ganz normalen Nachrichten oder allfacebook und viele andere Informationsquellen, die einem helfen, sich eine vernünftige Meinung zu bilden.
meine Erfahrung? Hört sich das, was da steht richtig an? Sind da Fehler in der Rechtschreibung oder in der Grammatik? Wer ist die Quelle? Kann ich sie prüfen, verfolgen? Zum Beispiel mit Google oder einer anderen Suchmaschine? Was sagt das Netz dazu, wenn ich die erste Zeile des Briefes in die Suchmaschine eingebe? Ich prüfe das mit

Informationen zu teilen bedeutet auch, Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung gegenüber denen, die vielleicht nicht so informiert sind oder die vielleicht auch älter sind und nicht so versiert im Umgang mit Facebook sind. Sie gilt es doch mit einer Information zu informieren, richtig und gut anstatt mit gruseligem Kettenbriefgerassel zu verwirren. So entstehen Gerüchte, Missannahmen und jede Menge falsches Wissen, das es nicht bräuchte, das man vielleicht vermeiden könnte. Stichwort #FakeNews.

Andererseits ist es doch so, das was ich teile, sagt etwas über mich, hat einen indirekten Einfluss auf meine Reputation, meinen Ruf. Ehrlich, ich habe keinen Bock drauf, diejenige zu sein, von der man denkt, dass sie ohne zu hinterfragen alles teilt. Ich bin lieber die, die verantwortungsvoll mit Kettenbriefzombies umgeht und ihnen Einhalt gebietet, wenn der gesunde Menschenverstand Alarm schlägt.

Auf Facebook zu sein heißt nicht nur Spaß zu haben und herum zu blödeln. Es bedeutet auch, sich zu informieren und bewusst mit dem umzugehen, was einem geboten wird. Gerade in Zeiten wie diesen.

Bewusst und informiert zu leben macht vor Social Media nicht halt, ich finde genau dort ist es umso wichtiger, die Augen offen zu halten und aufmerksam zu sein. Mit Social Media kann man Brücken bauen und Distanzen überwinden, um mit Menschen in Kontakt zu treten. Natürlich kann man Spaß haben, Neues entdecken und sich ab und an verlieren. Das ist alles erlaubt. Aber es bedeutet auch, verantwortungsvoll zu sein, kritisch und informiert. Eben so, wie man es im richtigen Leben auch ist, weil man da auch nicht jedes Gerücht aus der dörflichen oder städtischen Gerüchteküche für bare Münze nimmt. Oder?

In diesem Sinne: be aware of the Kettenbriefzombie!

Birgit






Text: Birgit Bauer
Bilder: Pixabay.com