27 Januar 2021

Clubhouse - Exklusiver Club oder mehr?

Sagen wir es so, ich bin grundsätzlich neugierig und wenn es etwas Neues gibt in Social Media, will ich damit spielen. 

In dem Fall mit Clubhouse und sagen wir es so, es war jetzt kein einfacher Weg und ich betrachte das zwiespältig. 

Clubhouse als App gibt es jetzt ungefähr ein halbes Jahr und erlebt seit Kurzem einen ziemlichen Hype. 

Alle, die in sein wollen sind also drin. Was ich auf die Exklusivität zurück führe, weil ja nicht jeder rein kann. 

Es folgt: eine erste Bestandsaufnahme und Gedanken dazu! Übrigens auch aus der Sicht eines Patient Advocates! 


Dröseln wir also auf: 

Wie komm ich da rein? 

Wenn da viele sind, will ich auch. Wie komm ich also rein, war die erste Frage und ehrlich gesagt, ich fand es total doof. Da kommste nicht so einfach rein. Da braucht es eine Einladung und ein iPhone. Android Nutzer haben keine Chance, somit auch viele andere Menschen nicht, die aber durchaus spannende Dinge zu sagen hätten, das limitiert und schließt aus und daher: Inklusiv und offen für alle ist auch echt anders. 

Und es stimmt mich nachdenklich, weil die Frage ist: Vielfalt oder Exklusivität? 

Ich wäre ehrlich gesagt für Vielfalt. Denn die ist es doch, die inspiriert, unterschiedliche Argumente und Perspektiven bleiben so außen vor, ein Gesamteindruck zu einem Thema bleibt einem etwas verwehrt, weil eben nicht alle mitmachen können und das ist mir nicht ganz verständlich. 

Mal mit der Brille als Patient Advocate betrachtet:

Das limitierte System ist wenig zielführend. Wir reden immer darüber, dass Patienten an den Tisch müssen, über Patient Centric und derlei, aber das findet nicht statt. 

Mir ist klar, dass das nicht der Hauptfokus ist, den Clubhouse verfolgt, aber ist es nötig, einfach Leute nur wegen eines falschen technischen Details auszuschließen und damit auch Empowerment und Inklusion derart zu mißachten? 

Clubhouse könnte wirklich ein tolles Werkzeug für uns Patienten sein, gerade für diejenigen, die sich schwer tun mit Tweet Chats, mit dem schnellen Lesen und Verstehen von Botschaften, wäre Clubhouse eine tolle Alternative. Tippen fällt weg und man kann seine Gedanken aussprechen und  zuhören. Ich kenne einige Menschen, die mit chronischen Erkrankungen leben, für die Lesen schwierig ist und die auf Hörbücher umstiegen. Daher betrachte ich Clubhouse schon als eine für tolle Möglichkeit, eine Alternative zu anderen Netzwerken zu finden. Eben auch bei Menschen mit Erkrankungen. 

Aber viele von ihnen müssen draußen bleiben, es fehlt das richtige Smartphone. Dabei gibt es so viele Menschen mit Erkrankungen, die sich vielleicht kein neues iPhone leisten können und die aber jede Menge zu sagen haben. Die mitwirken wollen und können, wunderbare Diskussionsgedanken haben und draußen vor der Türe sitzen. Sie sind nicht wirklich begeistert und fühlen sich teilweise ausgeschlossen. Das ist weder inklusiv noch fair und in Zeiten, in denen wir über Barrierefreiheit reden eigentlich auch total daneben. Daran muss Clubhouse dringend etwas ändern. Damit Vielfalt wirklich Vielfalt und für alle zugänglich ist. Egal welches Smartphone da am Start ist. 

Warum die Macher von Clubhouse die Plattform derart limitiert haben, ist mir nicht klar. Falls es jemand erklären kann, meldet Euch! Bis jetzt konnte ich keine wirkliche Begründung vonseiten des Unternehmens finden. 

Begeistert war ich also erst mal nicht. WOT??, dachte ich mir, super, noch so ein exklusiver Club mit Grüppchenbildung, das was wir alle brauchen. Nachdem ich aber eine Woche immer wieder gemeckert habe, hat sich jemand meiner erbarmt! An dieser Stelle, danke an die liebe Besa, die mir half die Türen zum besagten Clubhouse aufzumachen. 

Und wie geht das jetzt?

Im Prinzip ist es einfach, man kann sich in "Rooms" (Räumen) treffen und zu einem Thema unterhalten. Geschrieben wird nix, es wird gesprochen. Es gibt Moderatoren, Sprecher und Zuhörer. Will man etwas sagen, hebt man die Hand und wird vom Moderator in die Diskussionsrunde geholt. 

Startet man einen Raum, kann man aussuchen, ob man nur eingeladene Leute einlässt, oder das Umfeld oder ob jeder mitmachen darf. 

Jeder ist mit Klarnamen da, die App fragt nach dem Zugriff auf die Kontakte, die man aber auch verweigern kann. Ein übliches Vorgehen, das man von anderen Messengerdiensten oder Social Networks kennt, so könnte man sehen, wer schon da ist. Ich habe das nicht erlaubt und wenn ich jemanden einladen möchte, geht das auch anders. Rein kommt man mit der Telefonnummer und dem Namen, ein Standort wird nicht abgefragt. 

Und wie mache ich mit? 

Ehrlich, als ich drin war, war es verwirrend. Die Themen sind vielfältig und bunt, man könnte miteinander schweigen, sich über Bücher unterhalten oder sich, wie ich, für digitale Gesundheit interessieren, sich über Musik austauschen und derlei. Der Vielfalt sind keine Grenzen gesetzt. 

Mein Eindruck ist aber, dass sich immer wieder dieselben Gruppen treffen und austauschen und ob ich das gut finde, ist noch offen, im Moment höre ich viel zu und lerne, aber meine Frage ist, werde ich auch weiter von Gruppendiskussionen etwas mitnehmen können, wenn ich immer dieselben Leute höre? Wir werden sehen, ich gebe dem Ganzen eine Chance. Schon um meine Neugierde zu befriedigen. 

Daher bin ich gespannt auf mehr Vielfalt. Auf die Möglichkeit, dass jeder teilnehmen kann, nicht nur iPhone Besitzer. (Und ja ich reite noch ein bisschen drauf herum, weil mir das wichtig ist!) 

Und in der Zwischenzeit? Lernen, Sprachkurs inklusive! 

Nach einigen Tagen des stillen Zuhörens und des Verfolgens und Lernens, ich kann jetzt voll krass verschiedene Sprachformen, vor allem finde ich das Denglisch unterschiedlicher Social Media Gruppen lustig und fern jeder Muttersprache. Was aber ok ist, bis auf dem Umstand, dass ich mich dann sehr alt fühle, weil ich eben keine Caption ausbaue, Reels nicht besonders mag und swipen zwar kann, aber nicht will und meine Reach ist auch etwas, was ich über die Bio regeln will um die Customers dann auf einen geilen Trip in meiner Timeline einlade. Oder so.

Und irgendwann? Mitreden! 

Wer mich kennt, der weiß, ich bin eine Rampensau, ich mag das halt. Und irgendwann hat es gepasst, ich meldete mich und kam tatsächlich in die Runde der Sprecherinnen und Sprecher und konnte mitreden. Das hat Spaß gemacht, auch weil es eine Runde war, in der ich viele Leute kannte und daher war es keine große Hürde, etwas zur Diskussion beizutragen. 

In dem Moment funktionierte das Prinzip Clubhouse auch bei mir, es macht Spaß. Das muss ich zugeben, wenngleich ich hin- und her gerissen bin ob der eingeschränkten Nutzung und der damit entstehenden Exklusivität, die uns auch von Wissen abschneidet und von Kontakten, die wir gerne einbringen würden, aber nicht können, weil blöderweise das Smartphone ein oller Android ist. 

Also, ich bleibe noch eine Weile, ich habe noch nicht fertig, will eigene Räume starten und sehen, was geht. 

Fazit? 

Ich glaube, es ist eine gute Ergänzung zu anderen Netzwerken, wenngleich wir noch über Datenschutz reden müssen, denn Gespräche können aufgezeichnet werden, um Verstöße gegen die Community auszuschließen und derlei. Will man seinen Account löschen, muss man eine Email schreiben und wie lange das dauert, ist nicht bekannt. Einen Button um den Account zu löschen, hätte man hier von Beginn an einbauen können, auch weil das Dinge für Nutzer einfacher macht. 

Ob es dauerhaft bleibt, mache ich aber auch davon abhängig, wieviel Neues ich in Zukunft höre, ob ich mir dann noch die Zeit nehmen will, denn eines sei gesagt, Clubhouse ist zeitfressend und nicht gut für den Akku, lasse ich mir offen, weil ich brauche Neues, Inspiration und die kommt nur von erwähnter Vielfalt und ob die die Qualität halten wird, werden wir sehen. 

So gesehen, es gibt vielleicht Hoffnung, denn Clubhouse hat angekündigt, so das Magazin t3n, dass es wohl auch eine Version für Android Smartphones geben wird. Nachlesen kann man das hier: https://t3n.de/news/clubhouse-macher-kuendigen-app-1351896/

Und wer ist schon drin? 

Birgit


Bild und Text: Birgit Bauer, Manufaktur für Antworten UG